Schnupfen beim Kaninchen
Der Kaninchenschnupfen (Rhinitis contagiosa cuniculi) ist eine überwiegend bakterielle Infektionskrankheit der oberen und teilweise unteren Atemwege, die z. T. milde Verläufe mit sich bringt, in Schüben auftreten kann und z. T. sogar tödlich enden kann. Die Erkrankung ist weltweit verbreitet und zählt mit zu einer der häufigsten Vorstellungsgründe in der tierärztlichen Praxis.
Wie entsteht Schnupfen beim Kaninchen?
Am Schnupfen sind viele Bakterien beteiligt. Häufig nachgewiesene Erreger können sein: Pasteurellaceae, Enterobacteriaceae, Pseudomonas spp und Staphylococcus spp.
Die Ansteckung erfolgt direkt von Tier zu Tier oder über die Atemwege ausgeschiedene Sekrete, die sich über die Luft verteilen.
Erreger wie P. multocida, B. bronchiseptica und Mykoplasmen wurden auch bei Kaninchen nachgewiesen, die keine klinischen Symptome präsentierten – diese Tiere werden als asymptomatische Träger bezeichnet.
Neben diesen Erregern entscheiden weitere Faktoren darüber, ob ein Schnupfen symptomatisch wird und wie schwer der Verlauf der Erkrankung ist.
Grunderkrankungen wie z. B. Zahnerkrankungen, Kaninchensyphilis, Encephalitozoonose, Tumore und / oder schlechte Haltungsbedingungen (Zugluft, trockene Luft durch Heizungshitze, Staubbelastung, mangelnde Hygiene – zu hoher Ammoniakgehalt in der Luft), die zu einer Immunsuppression (Herabsetzung der körpereigenen Abwehr) führen, sind prädisponierend.
Weitere Faktoren die begünstigend wirken, sind Stress (z. B. durch Transport, Vergesellschaftung, ungewohnte Umgebung) sowie falsche Fütterung.
Rassebedingte Faktoren, wie eine Brachyzephalie (Kurzköpfigkeit), können eine Schnupfenerkrankung ebenfalls begünstigen.
Wie stellt der Tierarzt / die Tierärztin die Diagnose?
Die Anamnese und das klinische Bild (wässriger, später schleimig-eitriger Nasenausfluss, Niesen, tränende Augen, verklebte Vorderläufe, mehr oder weniger veränderte Atmung) können bereits eine Verdachtsdiagnose nahelegen.
Durch aufsteigende Infektionen können weitere Organsysteme betroffen sein. Beschrieben sind Otitis media / interna (Mittel- / Innenohrentzündung) mit Vestibularsyndrom (Beeinträchtigung des Gleichgewichtsorgans), Enzephalitis (Entzündung des Gehirns), Pneumonie (Lungenentzündung) und Sepsis (Blutvergiftung).
Die Kombination von klinischer Untersuchung und bildgebenden Verfahren, wie das Röntgen von Schädel, Brust- und Bauchraum, sind wichtig, um weitere Erkrankungen zu erkennen.
Bei Schnupfensymptomen bietet die Computertomographie für die Identifizierung weiterer betroffener Körperregionen, wie z. B. der Mittelohren oder der Nasennebenhöhlen, eine sehr hilfreiche diagnostische Option. Weiterführend kann auch eine Endoskopie in verschiedenen diagnostischen Fragen hilfreich sein. Unter endoskopischer Kontrolle kann auch eine Probenentnahme von größeren Gewebestücken (Biopsie) bei entsprechenden Veränderungen sinnvoll sein.
Für den mikrobiologischen Erregernachweis (bakteriologische und mykologische Kultur, PCR von z. B. Mykoplasmen) empfiehlt sich die Entnahme einer tiefen Nasenspülprobe oder sie erfolgt im Rahmen einer Biopsie.
Die alleinige Probenentnahme mittels Tupfer an der Nasenöffnung wird nicht empfohlen, da so oft Erreger aus der Umgebung nachgewiesen werden, die für die Schnupfenproblematik keine Ursache spielen. Bei einigen Tieren kann für die korrekte Probenentnahme eine Sedation erforderlich sein.
Wie wird ein Kaninchenschupfen behandelt?
Eine Therapieempfehlung für ein erkranktes Kaninchen oder einen Bestand sollte immer individuell zusammengestellt werden. Erstes Ziel ist es, das Immunsystem wieder zu aktivieren und dem Körper damit seine Selbstheilungskräfte wieder zu geben und negative Faktoren (weitere Krankheiten, ungünstige Haltung und / oder Fütterung) zu minimieren.
Bei leichten Infektionen besteht die Therapie i. d. R. aus einem Schleimlöser und einem Medikament zur Unterstützung des Immunsystems. Bei schweren Infektionen kommen ein Antibiotikum gegen den Erreger (ermittelt nach Antibiogramm) und ggf. ein Entzündungshemmer dazu. Inhalationen sind ebenfalls hilfreich. Die Therapie erfolgt immer einige Tage über die Symptomfreiheit hinaus (ggf. über mehrere Wochen), da Rezidive sonst vorprogrammiert sind.
Der Einsatz von bestandsspezifischen Impfstoffen (Autovakzine) bietet eine zusätzliche Therapiemöglichkeit. Diese können unter Verwendung von Erregern, die bei einem erkrankten Kaninchen isoliert wurden, im Labor hergestellt werden.
Eine bestehende Grunderkrankung sollte, wenn möglich als erstes oder parallel behandelt werden, sowie eine Optimierung der Haltungsbedingungen erfolgen.
Prognose
Die Prognose beim Kaninchenschnupfen hängt vom Gesamtzustand des Kaninchens (weitere Erkrankungen, Veränderungen der Nebenhöhlen) ab. Manche Patienten können nach der Behandlung symptomfrei sein, bei einem Großteil der Patienten können zumindest längere symptomfreie Intervalle erzielt werden.
Asymptomatische Kaninchen sind ggf. weiter Erregerreservoir und damit als Infektionsquelle anzusehen!
Bei schweren Symptomen, starken Veränderungen der Nasen(neben)höhlen und / oder keinem Ansprechen auf die medikamentöse Therapie kann, je nach Ergebnissen der bildgebenden Verfahren, auch ein chirurgischer Eingriff zur Eröffnung der Nase sinnvoll sein.
Führt die Therapie nicht zum Erfolg und zeigt das Tier weiterhin deutliche Anzeichen einer Atemnot oder von reduziertem Allgemeinbefinden und unspezifischen Symptomen (z. B. Gewichtsverlust, Apathie, Schwäche etc.), sollte eine Euthanasie des Patienten in Betracht gezogen werden.
© M. Brinkmeier, J. Hein, S. Köstlinger, Y. Eckert