Darmverschluss beim Kaninchen
Wie entsteht ein Darmverschluss (Ileus), welche Ursachen gibt es?
Ein Darmverschluss ist ein lebensbedrohlicher Notfall. Die häufigste Ursache ist ein Fremdkörper im Darm, der die Passage des Futters verhindert. Als Fremdkörper kommen zu große und nicht zerkaute Futterstücke, Teppich- oder andere Fasern und – am häufigsten – Fellballen vor, die den Darm komplett verschließen. Wenn der Futterbrei im Darm durch den Verschluss nicht mehr weitertransportiert werden kann, fängt das anverdaute Futter an zu gären und es kommt zur Gasbildung. Auch Speichel wird fortwährend weiter geschluckt, so dass zusätzlich auch noch viel Flüssigkeit im Magen landet. Einige Kaninchen trinken während eines Darmverschlusses auch sehr viel, doch die aufgenommene Flüssigkeit verbleibt im Magen, was die Situation weiter verschärft. Da Kaninchen nicht erbrechen oder aufstoßen können, verbleiben all das gebildete Gas sowie der geschluckte Speichel im Magen, welcher dadurch mit jeder Minute praller wird. Dies ist ein hochakuter und lebensbedrohlicher Notfall! Wird der Fremdkörper nicht entfernt, kommt es zum Kreislaufschock und / oder zum Platzen des Magens, beides mit tödlichem Ausgang.
Diagnostik
Der Tierarzt /die Tierärztin hat aufgrund der Vorgeschichte mit sehr plötzlich einsetzendem, schlechtem Allgemeinbefinden und Futterverweigerung sowie dem sehr prallen und oft schmerzhaften Magen in der Regel bereits einen Verdacht auf einen Darmverschluss beim Kaninchen. Zur Absicherung der Diagnose werden weitere Untersuchungen wie Röntgenaufnahmen, Urin- und Blutuntersuchungen eingeleitet. Zu den ersten Schritten gehören in der Regel Röntgenaufnahmen des Bauchraums. Diese dienen vor allem zur Beurteilung des Magen-Darm-Traktes: Ein prall gefüllter Magen mit oder ohne Gasansammlungen sowie eine Erweiterung von Dünndarmschlingen sind typische Indizien für einen Darmverschluss. Zusätzlich können Blutuntersuchungen wertvolle Hinweise liefern.
Zur weiteren Abklärung und Konkretisierung der Diagnose werden oft zusätzliche Röntgenaufnahmen gemacht, ggf. nach oraler Verabreichung eines Kontrastmittels. Dies hilft, die genaue Lokalisation der Obstruktion im Dünndarm festzustellen und Differenzialdiagnosen wie Darmverschlingungen oder -verlagerungen auszuschließen. Eine Ultraschalluntersuchung kann zusätzlich eingesetzt werden, um Weichteilstrukturen wie Tumore oder abnorme Verdickungen der Darmwand zu erkennen, die ebenfalls eine Obstruktion verursachen könnten.
Wie viele Röntgenbilder erforderlich sind und ob weitere diagnostische Maßnahmen notwendig werden, hängt vom individuellen Fall und davon ab, wie weit die Obstruktion fortgeschritten ist. Der Zeitpunkt der Vorstellung beim Tierarzt / bei der Tierärztin ist entscheidend, da eine verzögerte Diagnose und Behandlung die Prognose verschlechtern können. Je nach Sitz des Hindernisses im Dünndarm und dem Grad der Überdehnung kommen nun unterschiedliche Therapiemethoden in Frage, die von medikamentöser Unterstützung und Flüssigkeitstherapie bis hin zu chirurgischen Eingriffen reichen, um den Fremdkörper oder das Hindernis zu entfernen und den normalen Darmdurchgang wiederherzustellen.
Therapie
Ziel jeder Therapie ist es, den Fremdkörper so schnell wie möglich in den Dickdarm zu leiten, denn dieser ist weit genug, so dass das Kaninchen den Fremdkörper ab dort i.d.R. sehr gut weitertransportieren und ausscheiden kann. Essenziell für Kaninchen mit einem Darmverschluss ist der schnellstmögliche Beginn der Therapie. Je früher der Fremdkörper erkannt und behandelt wird, desto weniger wird der Magen strapaziert und überdehnt. Therapeutisch ist es unerlässlich, den Patienten sofort nach Diagnosestellung mit intravenöser Flüssigkeit zu versorgen und aufzuwärmen, da die meisten Tiere zum Zeitpunkt der Vorstellung bereits unterkühlt sind. Die Flüssigkeit sollte direkt in die Vene mit einer Infusion verabreicht werden. So wird sichergestellt, dass sie auch bei Patienten im Schockgeschehen zuverlässig ankommt. Der wichtigste Baustein in der Therapie ist die Verabreichung von sehr potenten Schmerzmitteln. In der Regel werden hierfür Morphinabkömmlinge verwendet. Nach Beginn der Behandlung ist es sehr wichtig, das Kaninchen engmaschig zu kontrollieren und den Zustand des Patienten zu beobachten. Es gibt zwei mögliche Optionen, wie sich die Situation entwickeln kann:
- Der Fremdkörper bewegt sich dank der Flüssigkeitstherapie und der starken Schmerzmittel langsam weiter und es ist kein chirurgischer Eingriff nötig. Bei diesem Therapieversuch ist eine intensive Therapie und Diagnostik nötig: je nach Zustand mehrfaches Nachröntgen sowie regelmäßige Blutkontrollen. Bis der Fall sicher geklärt und der Fremdkörper im Dickdarm angelangt ist, können auch über 24 Stunden vergehen.
- Der Fremdkörper sitzt fest und muss chirurgisch entfernt oder manuell im Darm weitergeschoben werden.
Worauf sonst noch achten?
Der Erfolg der Therapie sowie das Überleben des Tieres hängen vor allem davon ab, dass die Erkrankung baldmöglichst erkannt wird. Sollte Ihr Tier plötzlich nicht mehr fressen wollen, ist es wichtig, es sofort beim Tierarzt / bei der Tierärztin vorzustellen. Bereits einige Stunden des Abwartens können die Prognose deutlich verschlechtern, sollte es sich um einen echten Darmverschluss handeln.
Faktoren, die die Entstehung von Darmverschlüssen begünstigen können sind:
- Zu wenig Bewegung
- Starker Fellwechsel (auch beim Partnertier)
- Vorherige chirurgische Eingriffe im Abdomen (selten)
Die häufigste Ursache für einen Darmverschluss stellen Haarballen / Haarknäuel dar. Um Haarballen zu vermeiden, ist die wichtigste Maßnahme, Kaninchen, die generell viel haaren oder gerade im Fellwechsel sind, zu bürsten. Dies gilt auch für Partnertiere, da bei der gegenseitigen Fellpflege nicht nur eigenes Fell, sondern auch Haare von anderen Tieren aufgenommen werden. Je weniger Haare im Magendarmtrakt ankommen, desto kleiner ist das Risiko, durch einen Haarballen zu erkranken. Ein vorbeugender Effekt auf die Bildung von Haarballen durch die Eingabe von Pasten oder Enzymen ist bislang nicht nachgewiesen.
Die zweite vorbeugende Maßnahme ist eine artgerechte Fütterung. Die Fütterung von Wiese, Kräutern und blättrigem Gemüse sowie Heu ist am besten für den Magendarmtrakt von Kaninchen geeignet. Durch die enthaltene Rohfaser ist die Eigenbewegung des Darmes stärker ausgeprägt und Haare werden besser abtransportiert.
© S. Köstlinger, D. Huemer, B. Schuhmann, Y. Eckert