Gesundheitsvorsorge bei Heimtieren
Die Gesundheitsvorsorge für Nagetiere und Kaninchen ist von entscheidender Bedeutung, um sicherzustellen, dass sie ein gesundes und erfülltes Leben führen können. Als Beutetiere sind alle Nager ebenso wie die Kaninchen Spezialisten im Verbergen von Krankheitssymptomen. Ein geübtes Auge und eine besondere Aufmerksamkeit sind wichtig. Schon kleine Veränderungen (geringer Gewichtsverlust, leichter Augenausfluss, leicht verändertes Sozialverhalten) sollten ernst genommen und abgeklärt werden. Eine umfassende Gesundheitsvorsorge umfasst die durch die Halter:innen täglich durchgeführten Checks, wöchentliche intensivere Untersuchungen und der regelmäßige Gang zu fachkundigen Tierrärzt:innen. Besonders Jungtieren und Senioren sollte eine intensive Aufmerksamkeit zukommen. So können die Gesundheit, das Wohlbefinden und die Lebensqualität gefördert werden.
1. Gesundheitsvorsorge
Täglicher Check
Die tägliche Vorsorge ist entscheidend, um sicherzustellen, dass Ihre Haustiere sich wohl fühlen und gesund bleiben. Hier sind einige wichtige Schritte, die täglich durchgeführt werden sollten:
- Fütterung Überprüfen Sie täglich die Futter- und Wasserversorgung. Stellen Sie sicher, dass Ihre Tiere Frischfutter, frisches Heu, je nach Tierart Nagetierfutter und Wasser in angemessenen Mengen erhalten. Entfernen Sie verschmutztes Futter und stellen Sie sicher, dass die Futter- und Wassernäpfe sauber sind.
- Beobachtung Nehmen Sie sich Zeit, um Ihre Tiere täglich zu beobachten. Achten Sie auf Anzeichen von Unwohlsein, wie z.B. Appetitlosigkeit, Veränderungen im Verhalten, stumpfes oder gesträubtes Fell, körperliche Probleme wie Durchfall, Atembeschwerden, Nasen- oder Augenausfluss. Auch eingefallene Flanken (besonders bei Rennmäusen, Mäusen und Degus) sind deutliche Hinweise auf ein Unwohlsein. Je früher Sie Probleme bemerken, desto besser können Sie reagieren und tierärztliche Hilfe suchen, falls erforderlich.
- Kotkontrolle Bei der täglichen Kontrolle sollten auch der Kot und Urin kontrolliert werden. Farbe und Konsistenzveränderungen können Hinweise auf vielerlei Erkrankungen sein.
- Fliegenmaden Im Sommer sollten alle Kaninchen und Meerschweinchen täglich in der Afterregion auf einen Befall mit Fliegenmaden untersucht werden. Tiere mit Inkontinenz, Lähmungen, allgemeiner Schwäche oder hohem Alter sollten ganzjährlich täglich kontrolliert werden.
Wöchentlicher Check
Einmal pro Woche sollte ein ausgiebiger Check der Tiere durchgeführt werden. Hierfür bedarf es, je nach Tiergruppengröße relativ viel Zeit. Diese Zeit sollte fest in den Alltag eingeplant werden, damit die Checks nicht verschoben werden müssen.
Im wöchentlichen Check werden die Tiere von den Besitzer:innen „untersucht“. Hierbei ist es hilfreich, immer denselben Ablauf durchzuführen, um nichts zu vergessen. Kurze Protokolle bzw. ein dafür eigenes Heft sind sinnvoll. Darin werden die Ergebnisse kurz protokolliert. Der wöchentliche Check beinhaltet: Gewichtskontrolle, die Untersuchung der Augen (Trübungen, Augenausfluss, ist ein Auge eingesunken, steht es hervor), Nase (Krusten, Ausfluss, Atemgeräusch), Schneidezähne, Ohrmuscheln, Fell & Haut, Krallen, Fußsohlen, Afterregion. Abtasten von Kiefer, Ohrgrund und Bauch.
► Tipp: Fachkundige Tierärzt:innen können den wöchentlichen Check einmal mit Ihnen bei einer Untersuchung durchführen, falls es Unsicherheiten in der Durchführung gibt.
Vorsorge-Untersuchung beim Tierarzt / bei der Tierärztin
Bei einer Vorsorgeuntersuchung wird der Tierarzt / die Tierärztin verschiedene Schritte durchführen, um die Gesundheit des Tieres zu beurteilen und potenzielle Probleme frühzeitig zu erkennen. Hier sind einige der typischen Untersuchungen und Maßnahmen, die bei einer Vorsorgeuntersuchung für Kaninchen und Nagetiere durchgeführt werden können:
- Allgemeine Untersuchung Der Tierarzt / die Tierärztin wird Ihr Tier gründlich untersuchen, um festzustellen, ob äußere Anzeichen von Krankheiten oder Verletzungen vorhanden sind. Dazu gehört die Überprüfung des Fellzustands, der Augen, Ohren, Nase und des Mauls.
- Überprüfung der Vitalparameter Der Tierarzt / die Tierärztin wird die Vitalparameter des Tieres überprüfen, einschließlich Herzfrequenz, Atmung und Körpertemperatur, um sicherzustellen, dass sie im normalen Bereich liegen.
- Gewichtskontrolle Eine regelmäßige Gewichtskontrolle ist wichtig, um sicherzustellen, dass das Tier ein stabiles Gewicht hat.
► Tipp: Gewichtsverläufe sind je nach Intervall der Besuche für den Tierarzt / die Tierärztin eventuell schwierig festzustellen, da die Abstände von Vorsorgeuntersuchungen dafür zu groß sind. Bringen Sie ihre Gewichtsprotokolle von den wöchentlichen Checks daher unbedingt mit zum Termin.
- Zahnkontrolle Kaninchen und Nagetiere haben kontinuierlich nachwachsende Zähne, und Probleme mit den Zähnen sind häufig. Die Zähne werden auf Überwucherung, Zahnspitzenbildung oder andere Anomalien überprüft, die zu Problemen beim Essen oder anderen Gesundheitsproblemen führen könnten.
- Weiterführende Untersuchungen Je nach Ergebnis der Allgemeinuntersuchung und der Vitalparameter können weiterführende Untersuchungen angeraten sein. Hierzu gehören eine weiterführende Untersuchung der Zähne, Blut-, Kot- und Urinuntersuchungen wie auch bildgebende Untersuchungen (Röntgen, Ultraschall, CT, MRT).
- Beratung und Empfehlungen Der Tierarzt / die Tierärztin wird mit dem Halter / der Halterin über die richtige Ernährung, Pflege und Haltung sprechen und gegebenenfalls Empfehlungen für Verbesserungen oder spezielle Maßnahmen geben. Außerdem werden, falls nötig, die Halter:innen zu Therapieoptionen beraten und ein Therapieplan erstellt. Hierzu gehören auch Verlaufs- und Abschlussuntersuchungen nach Therapieende.
Besonderheit Kaninchen
Impfungen Kaninchen in Innen- und Außenhaltung sollten stets einen lückenlosen Impfschutz gegen Myxomatose sowie RHD 1 und 2 haben. Die Impfung sollte je nach verwendetem Impfstoff und zusätzlichen Risikofaktoren halbjährlich oder jährlich wiederholt werden.
2. Allgemeines
Unterbringung und Umgebung
Die richtige Unterbringung und Umgebung sind für das Wohlbefinden von Nagetieren entscheidend. Sie benötigen ausreichend Platz, um sich zu bewegen und ihre natürlichen Verhaltensweisen auszuleben. Ein geräumiger Käfig oder ein Gehege mit verschiedenen Ebenen, Versteckmöglichkeiten und Beschäftigungsmöglichkeiten ist ideal. Die Umgebung sollte von den klimatischen Gegebenheiten zu der Tierart passen. Zugluft, flackernde Lichter und Lärm sollte vermieden werden.
Auch Kaninchen benötigen ausreichend Platz, um sich zu bewegen und ihre natürlichen Verhaltensweisen auszuleben. Ein Zimmergehege oder ein Gehege im Freien, das vor Witterungseinflüssen und Raubtieren geschützt ist, bietet die ideale Umgebung für Kaninchen.
Bewegung und Beschäftigung
Nagetiere und Kaninchen sind sehr aktive Tiere und benötigen täglich Bewegung und Beschäftigung, um fit und gesund zu bleiben. Stellen Sie sicher, dass sie genügend Platz zum Klettern, Graben und Spielen haben, und bieten Sie ihnen verschiedene, naturnahe Spielzeuge und Beschäftigungsmöglichkeiten an, um Langeweile zu vermeiden. Auch das „Erarbeiten“ von Futter ist eine sehr gute Beschäftigungsmaßnahme und wird von den meisten Heimtieren gut angenommen.
Soziale Interaktion
Kaninchen und viele Nagetierarten sind hochsoziale Tiere und dürfen nicht alleine gehalten werden. Kaninchen, Ratten, Mäuse, Degus, Rennmäuse, Chinchillas und Meerschweinchen profitieren von der Gesellschaft anderer Tiere ihrer Art. Auf genügend Platz und eine artgerechte Ausgestaltung je nach Gruppengröße ist zu achten. Dabei sind Rückzugsmöglichkeiten ebenso wichtig wie offene Bereiche. Besonders Chinchillas und Degus brauchen für ihre Hierarchieausbildung unterschiedliche Ebenen, auf denen die Tiere sich aufhalten können. Im Gegensatz dazu sollten Hamster stets alleine gehalten werden.
Hygiene und Sauberkeit
Die Reinigung des Käfigs von Nagern wie Kaninchen, Meerschweinchen und anderen Kleintieren ist wichtig, um die Ausbreitung von Krankheiten und Parasiten zu verhindern. Dabei sind die spezifischen Bedürfnisse der jeweiligen Tierart als auch der Erhalt von Duftspuren zu berücksichtigen, die den Tieren ein Gefühl von Sicherheit geben.
Kaninchen
Kaninchen haben größere Gehege und nutzen bestimmte Bereiche, insbesondere Ecken, als Toilette. Diese sollten je nach Bedarf, häufig sogar täglich, gesäubert werden, um Geruchsbildung zu vermeiden. Eine Teilreinigung des gesamten Geheges ist alle ein bis zwei Wochen sinnvoll. Eine gründliche Reinigung des gesamten Geheges kann abhängig von Gehege- und Gruppengröße in größeren Abständen erfolgen, wobei darauf geachtet werden sollte, etwas altes, nicht verschmutztes Einstreu zurückzugeben, um die Tiere nicht zu stressen. Bei Kaninchen in Außenhaltung erfolgt die Reinigung angepasst an die räumlichen Begebenheiten (bei Untergründen aus Erde ist ein vollständiges Abtragen der Erde natürlich kaum möglich, Bodenplatten hingegen können nach Bedarf gereinigt werden).
Meerschweinchen
Meerschweinchen sind sehr soziale Tiere und haben ebenfalls einen ausgeprägten Geruchssinn, weshalb auch hier Teilreinigungen bevorzugt werden sollten. Der Toilettenbereich muss je nach Verschmutzung mehrmals wöchentlich gereinigt werden. Eine Teilreinigung des Käfigs sollte alle zwei bis drei Tage durchgeführt werden, wobei vor allem die stark genutzten Bereiche wie Schlaf- und Futterplätze berücksichtigt werden. Ein vollständiger Austausch des Einstreus kann alle zwei Wochen erfolgen (bei Bedarf natürlich eher), wobei auch hier darauf geachtet wird, einige vertraute Materialien im Käfig zu belassen, um den Geruch beizubehalten.
Kleinnager
Beim Reinigen des Käfigs von Kleinnagern ist es entscheidend, behutsam vorzugehen, um den Stress für die Tiere zu minimieren und ihre wichtigen Duftspuren zu erhalten. Anstatt den Käfig komplett zu reinigen, empfiehlt es sich, nur Teilreinigungen durchzuführen. Beispielsweise sollte einmal pro Woche ein Teil des Einstreus, insbesondere die stark verschmutzten Bereiche, ausgetauscht werden. Dabei bleibt ein Teil des sauberen Einstreus im Käfig, so dass die Duftspuren der Nager erhalten bleiben.
Besondere Aufmerksamkeit erfordert der Schlafbereich, da dort die Duftspuren besonders wichtig sind. Hier sollte nur das wirklich verschmutzte Nestmaterial entfernt und ersetzt werden. Der Toilettenbereich hingegen kann häufiger gereinigt werden, um Geruchsbildung zu vermeiden. Zubehör wie Häuschen und Fressnäpfe sollte bei Bedarf gereinigt werden, allerdings nicht alles auf einmal, um die Tiere nicht zu verunsichern.
Insgesamt sollten Reinigungen regelmäßig, aber behutsam durchgeführt werden, damit ein sauberes Umfeld geschaffen wird, ohne die Tiere unnötig zu stressen.
Tierärztliche Betreuung
Regelmäßige tierärztliche Untersuchungen, wenn möglich bei fachkundigen Tierärzt:innen sind wichtig, um die Gesundheit der Nagetiere und Kaninchen zu überwachen und potenzielle Probleme frühzeitig zu erkennen. Tierärzt:innen können Krankheiten diagnostizieren, das Zahnwachstum überprüfen und Empfehlungen für die Pflege und Ernährung geben. Eine Untersuchung auf Darmparasiten sollte regelmäßig, auch bei reiner Zimmerhaltung, durchgeführt werden. Impfungen gegen Krankheiten wie Myxomatose und RHD (Rabbit Haemorrhagic Disease) sind besonders wichtig, um Kaninchen vor schwerwiegenden und in der Regel tödlich verlaufenden Erkrankungen zu schützen.
© S. Parmentier, S. Köstlinger, Y. Eckert